Das Bild zeigt einen Einkaufswagen und das V-Label

Die V-Label-Vision: „Wir wollen den weltweiten Konsum tierischer Lebensmittel bis 2040 halbieren“

V-Label: Ein Siegel, welches es Verbrauchern aber auch Herstellern leichter machen soll. 

Was ist vegetarisch, was ist vegan? Beim Einkaufen sind Verbraucher oft verwirrt und auch unter Herstellern gibt es kaum klare Richtlinien. Das sogenannte V-Label will hier Abhilfe schaffen. Anlässlich des Weltvegantags am 1. November 2022 hat Brother mit Cornelia Contini von V-Label Deutschland über das Siegel in der Lebensmittelbranche gesprochen – und darüber hinaus. 

Unternehmen aus aller Welt können das V-Label nutzen, um ihre Produkte als vegan oder vegetarisch auszuweisen. Weltweit sind das bereits über 50.000 Produkte, davon allein in Deutschland mehr als 10.000. Das gilt nicht nur für die Lebensmittelindustrie – auch andere Branchen ziehen nach. 

Brother hat bei Cornelia Contini, Leiterin von V-Label Deutschland, nachgefragt, welche Branchen die Kennzeichnung derzeit nutzen und was Verbraucher dadurch erfahren. Im Interview erzählt die Expertin zudem, was deutsche Unternehmen tun müssen, um sich für die Vergabe des Labels durch ProVeg e.V. zu qualifizieren und was es mit den V-Label-Awards auf sich hat. 

Frau Contini, worum geht es beim V-Label?

Contini: V-Label ist derzeit das einzige unabhängige Label mit europaweit einheitlichen Kriterien für die Kennzeichnung veganer und vegetarischer Produkte. Als solches bietet es Verbrauchern eine klare und zuverlässige Orientierungshilfe über die Ursprünge von Inhaltsstoffen bzw. die Herkunft von verarbeiteten Materialien.  

Und wer steht hinter der Initiative ProVeg International?

Contini: ProVeg International ist eine Ernährungsorganisation, die 2017 aus dem Vegetarierbund Deutschland (VeBu) hervorgegangen ist. Heute ist ProVeg in zehn Ländern auf vier Kontinenten vertreten. Die gemeinnützige Organisation setzt sich für eine Welt ein, in der sich alle für ein genussvolles und gesundes Essen entscheiden, das gut für alle Menschen, Tiere und unsere Erde ist. 

Ist das auch Ihre Vision? 

Contini: Ja. Zu den Zielen, die sich ProVeg gesetzt hat, gehört, den weltweiten Konsum tierischer Lebensmittel bis zum Jahr 2040 zu halbieren. Hierzu will ProVeg das globale Ernährungssystem transformieren, indem wir tierische Lebensmittel mit pflanzlichen und zellkultivierten Alternativen ersetzen.

Spannend. Wie haben Sie den Weltvegantag am 1. November 2022 begangen?  

Contini: Zum diesjährigen Weltvegantag hat ProVeg Deutschland eine Petition gestartet. Unter dem Titel „0 % fürs Klima – Mehrwertsteuer senken, Klima schützen“ fordern wir die Bundesregierung darin auf, pflanzliche Lebensmittel und Alternativprodukte von der Mehrwertsteuer zu befreien. Der Grund: Die immens steigenden Preise für Lebensmittel erschweren vielen Menschen in Deutschland eine klimagerechte Ernährung. Deshalb wird es Zeit, dass die klimafreundliche Wahl zur günstigeren wird – und für alle bezahlbar ist. 

Die V-Label-Awards gibt es für innovative vegane Produkte.

Anfang November wurden die V-Label-Awards vergeben. Was genau verbirgt sich dahinter?  

Contini: Diese internationale Ausschreibung haben wir jetzt bereits zum zweiten Mal veranstaltet. Mit diesem Preis würdigen wir vegane Produkte, die mit Blick auf Geschmack, Innovationscharakter, Nachhaltigkeit und lokalen Mehrwert am meisten überzeugen. In sechs Kategorien sind dabei Produkte von deutschen Unternehmen auf den Spitzenplätzen gelandet, darunter der vegane Thunfisch-Aufstrich von Bettaf!sh, das vegane Druckerei-Angebot von Oeding Print und die große vegane Auswahl der Lidl-Eigenmarke Vemondo.

Auf welchen Produkten findet man das V-Label in Deutschland und weltweit? 

Contini: Das V-Label Deutschland hat bis heute rund 12.700 Produkte lizenziert. Über 10.400 Produkte tragen das V-Label „vegan“, die übrigen das V-Label „vegetarisch“. Zu diesen Produkten gehören neben Lebensmitteln unter anderem Kosmetika, Textilien, Druckprodukte und Haushaltswaren. Weltweit tragen mehr als 50.000 Produkte von über 4.700 Lizenznehmern das V-Label. 

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Seit wann gibt es denn das V-Label?  

Contini: Tatsächlich sogar schon seit 1996. Damals hat die heutige Swissveg in der Schweiz die ersten Produkte mit dem V-Label lizenziert. Seit 2008 betreut die eigens gegründete V-Label GmbH in der Schweiz die Markenrechte des Labels.

Unternehmen aus aller Welt können das Siegel nutzen. Inzwischen vergeben über 30 Organisationen die Lizenzen. Für den deutschen Markt hat ProVeg e. V. als größte Interessenvertretung der vegetarisch und vegan lebenden Menschen in Deutschland die Vergabe des Labels übernommen. 

Reicht die Geschichte des Labels noch weiter in die Vergangenheit?

Contini: Richtig. Das V hat sich schon in den 70er Jahren als Symbol für die vegetarische Lebensweise etabliert. 1985 wurde das V-Label auf dem Europäischen Vegetarier Kongress der Öffentlichkeit vorgestellt. Doch erst elf Jahre später erhielten die ersten Produkte ihre Kennzeichnung, ab 1997 sogar geschützt als internationale Marke. In den Folgejahren etablierte sich das V-Label in weiteren EU-Ländern und findet seit 2016 auch außerhalb Europas Verwendung. 

Warum ist das Siegel wichtig und was stellt es sicher?

Contini: Auf nationaler Ebene gibt es bis heute keine verbindliche gesetzliche Definition der Begriffe „vegetarisch“ und „vegan“. Immer wieder passiert es, dass Hersteller ihre Produkte fehlerhaft kennzeichnen – und Verbraucher damit verunsichern. Mit dem V-Label bieten wir europaweit einheitliche Kriterien für die Kennzeichnung veganer und vegetarischer Produkte. Regelmäßige unabhängige Kontrollen stellen sicher, dass die Hersteller diese Kriterien einhalten und tragen zusätzlich zur Qualitätssicherung der lizenzierten Produkte bei. 

Welche Kriterien müssen Lebensmittelproduzenten erfüllen, um ihre Produkte zu lizenzieren?

Contini: Wer für ein Produkt eine V-Label-Lizenz erhalten möchte, verpflichtet sich zur Qualitätssicherung und stimmt zu, dass unabhängige Kontrollstellen die Produktionsstätten regelmäßig inspizieren. Vor der Lizenzierung überprüft das V-Label alle verwendeten Inhalts-, Zusatz- und Hilfsstoffe – ab der Ernte und über den gesamten Produktions- und Verarbeitungsprozess hinweg. Die Lizenznehmer versichern außerdem, dass keine Tierversuche für das Produkt durchgeführt wurden. Auch genetisch veränderte Organismen sind nicht erlaubt.  

Was erfährt der Konsument durch das V-Label beim Kauf von Lebensmitteln?

Contini: Dank des V-Labels können Verbraucher auf einen Blick sicher und bequem die Lebensmittel auswählen, die sie suchen. Unsere Experten wissen, was sich hinter jeder Zutat verbirgt. Den Verbrauchern bietet das V-Label somit eine klare und zuverlässige Orientierungshilfe. Das kann das Etikett allein oft nicht leisten, da einige Zutaten dort nur als E-Nummern aufgeführt werden.  

Viele tierische Verarbeitungshilfsstoffe, wie Gelatine zum Klären, stehen meist auch gar nicht auf der Zutatenliste. Produkte, die das V-Label tragen, wurden auf ihre Zusammensetzung und jeden Produktionsschritt hin überprüft. Verbraucher können bei der V-Label-Auszeichnung „vegan“ sicher sein, dass bei der Herstellung an keiner Stelle tierische Erzeugnisse verwendet wurden.  

Wie bekannt und akzeptiert ist das V-Label in Deutschland?

Contini: Die Studie Gütesiegel Monitor 2021* hat gezeigt: Verbraucher wissen das V-Label sehr zu schätzen. Das Siegel erhielt Bestnoten bei Bekanntheit und Vertrauen und konnte in den letzten Jahren einen steigenden Käuferanteil verzeichnen. Zwei von drei Verbrauchern kennen demnach das V-Label. Unter denen, die es kennen, genießt das V-Label das höchste Vertrauen unter den getesteten Siegeln. 

In welchen Branchen wird das Siegel sonst noch eingesetzt?

Contini: In der Kosmetikbranche beispielsweise – und zwar seit 2018. Chemische Formeln, lateinische Namen und Abkürzungen auf den Etiketten erschweren hier ebenfalls die Auswahl von Produkten. Eine Kennzeichnung mit dem V-Label zeigt den Verbrauchern: Für dieses Produkt wurden keine Tierversuche durchgeführt und es enthält keine Inhaltsstoffe tierischen Ursprungs.  

Der Grund: Kosmetikprodukte können z.B. Glycerin enthalten – und das kann auch tierische Ursprünge haben. Weil die Herkunft auf dem Etikett nicht angegeben werden muss, gibt nur das V-Label „vegan“ Sicherheit über den Ursprung. Seit 2019 gibt es das V-Label übrigens auch für weitere Non-Food-Artikel wie Textilien.  

Was stellt das V-Label in der Textilbranche sicher?

Contini: Das Label gibt auch hier eine klare Orientierung für die Verbraucher. Bei Kleidung und anderen Alltagsgegenständen aus dem Non-Food-Bereich besteht die Schwierigkeit, dass die meisten tierischen Inhaltsstoffe keiner allgemeinen Kennzeichnungspflicht unterliegen.  

Zudem gibt die Liste der Inhaltsstoffe keine Antworten auf wichtige Fragen wie etwa, ob tierische Farbmittel verwendet wurden. Karmin wird beispielsweise aus Cochenille-Schildläusen gewonnen. Schuhe enthalten nicht selten tierischen Kleber, zum Beispiel Kasein. Auch ob das Papier eines Buches mit Gelatine oder tierischen Lacken wie Schellack behandelt wurde oder eben nicht, zeigt nur das V-Label verlässlich auf. Das V-Label sorgt hier für Klarheit, Sicherheit und Glaubwürdigkeit. 

Wie können sich Hersteller für die Auszeichnung ihrer Produkte bewerben?

Contini: Das kommt auf den Produktionsort an. Unternehmen, die in Deutschland produzieren, wenden sich an V-Label Deutschland als Ansprechpartner für eine V-Label-Lizenzierung ihrer Produkte. Im Rahmen der Erstanfrage erhebt das V-Label Angaben zum Unternehmen und erstellt auf dieser Grundlage ein Lizenzangebot. Ist der Lizenzvertrag geschlossen, prüft das V-Label die Produktangaben im Detail und vergibt nach erfolgreicher Prüfung die V-Label-Lizenz. 

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Contini.

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